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Zu Besuch bei Herrn Pollak in Tel Aviv

Nein, ein großer Urlauber bin ich nicht, aber auf die Frage von Petra und Bettina Wagner, ob ich mit käme nach Tel Aiv, kam mein ja so spontan, dass selbst meine Frau erstaunt war. Das zweite Wort war Bauhaus, das dritte, ein bekräftigendes ja! Tel Aviv, Israel, gegründet 1909, hat die größte Ansammlung von Bauten im Bauhausstil auf der Welt. Es waren vor allem deutsch-jüdische Architekten, die in den zwanziger und dreißiger Jahres des letzten Jahrhunderts in der neu entstandenen Stadt planten und bauten und Tel Aviv zum Beinamen die weiße Stadt verhalfen.

Aber noch bevor ich mir einen Reiseführer kaufte, noch bevor ich mir Bilder im Internet anschaute, ja bevor überhaupt ein Ticket gebucht war, suchte ich nach Antiquariaten in Tel Aviv. Was ich fand:

War es Zufall, dass unsere Airbnb – Wohnung nur zwei Straßen davon entfernt lag? Bei meinem ersten Besuch brauchte ich schon eine Viertelstunde, um durch die Kisten vor dem Laden zu blättern: viele Bänder der Schockenbücherei, deutsche und englische Romane, Judaica in deutsch, englisch und Hebräisch. Schüchtern trat ich ein, hinter einem mit Bücherstapeln überfüllten Schreibtisch, ein älterer Herr vor einem riesigen Bildschirm. Ich suchte, noch bevor ich mich umgesehen hatte in meiner Tasche nach dem Ausdruck, den ich mir bei ZVAB gemacht hatte und brachte meinen Wunsch in schlechtem Englisch vor. Der Mann lächelte mich an und sagte:.Sie dürfen gerne deutsch sprechen“, dann drehte er sich zum Regal, griff zielsicher nach einem Buch und reichte es mir:

MEPHISTO. ROMAN EINER KARRIERE.
Querido Verlag, Amsterdam, 1936
Original Cloth. 399pp.Truly insignificant foxing on end papers only. A very clean and fresh copy.
FIRST EDITION OF THE FAMOUS NOVEL BY KLAUS MANN. RARE. –
8vo. First Edition. Artikel-Nr.: N4052.

Während ich vorsichtig in dem Buch blätterte – es war ein wirklich sehr gut erhaltenes, frisches Exemplar – und überlegte, ob ich wirklich so viel Geld für ein einzelnes Buch ausgeben wollte, klingelte das Telefon..Pollak“, sagte der Herr und sprach dann sehr geläufig in einer offenkundig slawischen Sprache. Nach dem er aufgelegt hatte, fragte er mich, ob ich einen Kaffee wolle, was ich dankend annahm. Er hantierte an einer Nespressomaschine, ich starrte auf das Regal hinter dem Schreibtisch.

Kafka Erstausgaben, neben Josph Roth, Else Lasker Schüler..Zucker?“, fragte er, ich nickte. Er reichte mir den Kaffee und sagte:.Sehen sie sich ruhig um.“ Tatsächlich blätterte ich in der Erstausgabe von Kafkas Amerika, schlich durch die angrenzenden Räume. Eine ganze Wand deutsche Literatur mit vielen Exilausgaben, ein Zimmer bis zur Decke mit Judaica in diversen Sprachen. Ich atmete den wohligen Geruch alter Bücher, zog einzelne Bände aus den Regalen, blätterte und war schließlich entschlossen, das eine Buch zu kaufen.
Als ich in das vordere Zimmer, das mit dem Schreibtisch und der Nespressomaschine, zurück kam, unterhielt sich Herr Pollak mit einen Kunden auf Französisch. Ich wollte nicht stören, verschwand noch einmal nach hinten zu den deutschen Büchern. Nachdem der französische Kunde weg war, reichte ich meine Kreditkarte mit trockenem Mund über den Schreibtisch. Er lächelte mich an, griff zum Telefonhörer, sprach jetzt hebräisch und sagte, dass die Rechnung im zweiten Laden, drei Häuser weiter auf Nummer 42 ausgestellt würde. Mein Buch wurde sorgfältig verpackt, ein zweiter Kaffee wurde mir angeboten. Als ich fragte, wie viele Sprachen er könne, sagte er grinsend:.Alle, die man braucht“.

Bei meinem zweiten Besuch am nächsten Tag, ja, ich konnte es nicht lassen, wurde ich von Bernhard begleitet und diesmal erfuhren wir etwas über die hundertjährige Geschichte des Antiquariats und auch Flucht in den Norden von Klaus Mann fand den Weg in meine Bibliothek.

 

siehe auch: Branchenreise