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Im IllustratorInnenhimmel.

Oktober 2017

Immer wieder stellt man uns die Frage: „Warum fahrt ihr auf die Buchmesse“. Uns BuchhändlerInnen. Also, uns österreichische BuchhändlerInnen. Seit ich Autorin bin wird die Frage nicht mehr so oft gestellt, wenn, dann nach dem Motto: „Fährst du als Buchhändlerin oder als Autorin auf die Messe?“ Ich weiß nicht, als was ich da bin, aber ich wüsste nicht, warum ich nicht da sein sollte.
Ich bin seit 25 Jahren in der Buchbranche, ein Büchermensch durch und durch – es ist also naheliegend, dass ich auf das wichtigste Branchentreffen des Jahres fahre, auch wenn ich dort nichts Konkretes einkaufe, kein neues Buch vorstelle, keine Deals abwickle. Ich kenne seit über 20 Jahren unzählige Menschen, die ebenfalls in dieser Branche arbeiten und die man meistens nur zweimal im Jahr sieht. Auf der Buchmesse in Leipzig und auf der Buchmesse in Frankfurt. Und jeder, der schon mal das Wort „Netzwerken“ gehört hat, müsste verstehen, warum ich auf die Messe fahre. Die Frage kommt übrigens oft von Leuten, die immer erstaunt darüber sind, dass ich so viele Menschen aus Verlagen, Zeitungen und Sendern kenne, wie gut ich also in der Branche vernetzt bin. Ja eh.
Doch manchmal, selbst nach so vielen Jahren, ist man ganz ergriffen, weil man neue Menschen kennenlernen darf. Menschen, die man immer schon bewundert, ihr Schaffen verfolgt. Und dafür gibt es die Buchmessenpartys. Partys, auf die ich zum Glück immer eingeladen werde, eben weil… siehe oben. Partys, auf denen man rumsteht und warmen Weißwein trinkt, wenn man Glück hat auch Gintonic und mit Menschen redet, die man seit gefühlten Jahrzehnten kennt. Und so stehe ich dieses Jahr in Frankfurt auf der Hanser-Party und unterhalte mich mit Xenia Bühler. Xenia ist die Frau von Jo Lendle und Jo Lendle ist der Hanser Verleger, ein sehr netter, unterhaltsamer und natürlich auch wichtiger Mensch der Branche, den ich schon ewig kenne. Xenia kenne ich noch nicht lange, habe aber schon mal mit Tochter und Freundin bei ihnen im Arbeitszimmer übernachtet… siehe oben… und umso mehr freue ich mich, sie zu sehen. Xenia ist wohl die einzige auf der Party, die nichts mit Büchern zu tun hat, zumindest nicht beruflich. Wir unterhalten uns übers Theater, über unsere verrückten, fast erwachsenen Kinder und natürlich über Bücher, als die Menge einen großgewachsenen, älteren Mann zu uns spült, der sich ein wenig verlegen an seinem Bierglas festhält. Wir plaudern angeregt weiter, er klinkt sich ins Gespräch und irgendwann sagt Xenia: „Kennt ihr euch eigentlich?“ „Nein.“ Ich strecke ihm die Hand hin, sage „Petra Hartlieb, freut mich“ er sagt irgendwas, das ich nicht verstehe und ich frage nach. „Quint Buchholz!“ schreit er mir ins Ohr und schüttelt meine Hand. Oh mein Gott. Vor meinem inneren Auge rattern all die tollen Buchcover, die Quint Buchholz  gemalt hat vorbei.In ewiger Erinnerung: Leuchttürme, Pinguine, die Jugendbücher von Stephen Hawkings, Matti und der Großvater und und und. Am liebsten würde ich sagen: „Darf ich Sie berühren?“ Aber das wäre blöd, ich halte ja bereits seine Hand. Ich bin ein Fan-Girl und er freut sich sichtlich.
Aber es geht noch weiter: Xenia und ich wechseln die Plätze, wir landen in einer Ecke mit lauter Kinder- und Jugendbuchmenschen, reden mit Christine Knödler, der Jugendbuchexpertin und mit der hat mein Mann Abitur gemacht (sie, ein gutes – er, eher nicht so gut). Womit wir wieder beim Netzwerken wären. Zwischen Xenia und mir steht ein großgewachsener, schlaksiger Mann mit runder Brille, der mir wahnsinnig bekannt vorkommt aber ich weiß nicht, wo ich ihn einordnen soll. Und wieder stellt uns Xenia vor, sagt: „Ihr kennt euch doch sicher, das ist Ole Könnecke!“ und ich strahle ihn an und rufe: „Anton!“ Er strahlt zurück und freut sich. Unzählige Bilderbuchvorlesestunden mit der Tochter kommen mir in den Sinn und vielleicht liegt es auch ein bisschen an Könnecke und seinem Anton und die Mädchen, (z.Z leider nicht lieferbar), dass sie Feministin geworden ist. Ich finde, Ole Könnecke sieht aus wie Anton, nur ein bisschen älter und viel größer. Natürlich kann ich Anton und die Mädchen immer noch auswendig, aber ich reiße mich zusammen und rezitiere nicht. schließlich will ich nicht peinlich sein.
Und als der Moment dann vorbei ist, laufe ich noch Kat Menschik über den Weg, die coolste Berlinerin und coolste Illustratorin überhaupt. Sie hat übrigens gerade das Cover eines wunderbaren Buches gestaltet, für das unsere Buchhandelskollegin Anna Jeller einen eigenen Verlag gegründet hat. Ja, auch das können sie, die Buchhändlerinnen.
Und es ist schon ziemlich spät, als Kat mir zuruft: „Hey, Hartlieb! Irgendwann machen wir auch ein Buch zusammen!“ Und ich nicke nur und sage nichts und denke an den Moment vor cirka fünf Jahren, als ich vor Neid erblasst bin, denn Jo Lendle hat ein Pixi-Buch geschrieben und das hat Kat Menschik illustriert. Meiner Meinung nach war das der Höhepunkt seiner Karriere, nicht diese Hanser Geschichte.
Irgendwann schaff ich das auch.
Ganz sicher.