AUSGEBUCHT Lesung mit Éric Vuillard am 11.09.2018 in der Porzellangasse 36
Prix Goncourt 2017
20. Februar 1933: Auf Einladung des Reichstagspräsidenten Hermann Göring finden sich 24 hochrangige Vertreter der Industrie zu einem Treffen mit Adolf Hitler ein, um über mögliche Unterstützungen für die nationalsozialistische Politik zu beraten: Krupp, Opel, BASF, Bayer, Siemens, Allianz – kaum ein Name von Rang und Würden fehlt an den glamourösen runden Tischen der Vermählung von Geld und Politik. So beginnt der Lauf einer Geschichte, die Vuillard fünf Jahre später in die Annexion Österreichs münden lässt. Bild- und wortgewaltig führt er den Leser in die Hinterzimmer der Macht, wo in erschreckender Beiläufigkeit Geschichte geschrieben wird. Dabei erzählt er eine andere Geschichte als die uns bekannte, er zeigt den Panzerstau an der deutschen Grenze zu Österreich, er entlarvt Schuschniggs kleinliches Festhalten an der Macht, Hitlers abgründige Unberechenbarkeit und Chamberlains gleichgültige Schwäche. Mit der ihm eigenen virtuosen Eindringlichkeit und satirischem Biss seziert Vuillard die Mechanismen des Aufstiegs der Nationalsozialisten und macht deutlich: Die Deals, die an den runden Tischen der Welt geschlossen werden, sind faul, unser Verständnis von Geschichte beruht auf Propagandabildern. In »Die Tagesordnung« zerlegt Éric Vuillard diese Bilder und fügt sie virtuos neu zusammen: Ein notwendiges Buch, das eine überfällige Geschichte erzählt und damit den wichtigsten französischen Literaturpreis erhielt.
L’Allemagne nazie a sa légende. On y voit une armée rapide, moderne, dont le triomphe parait inexorable. Mais si au fondement de ses premiers exploits se découvraient plutôt des marchandages, de vulgaires combinaisons d’intérêts. Et si les glorieuses images de la Wehrmacht entrant triomphalement en Autriche dissimulaient un immense embouteillage de panzers. Une simple panne ! Une démonstration magistrale et grinçante des coulisses de l’Anschluss par l’auteur de Tristesse de la terre et de 14 juillet.
Avec L’Ordre du jour, récit secouant les images et les mythes, texte contre la veulerie et la résignation de toutes les époques, c’est un livre fulgurant, d’une très longue portée en dépit de sa brièveté, que les Goncourt ont fait le choix de couronner. Le Monde 6.11.2017