In Brüssel laufen die Fäden zusammen
Heute erscheint der lang erwartete, neue Roman von Robert Menasse. Zugegebenermaßen keiner meiner Herzensautoren und doch war ich selten so positiv überrascht.
Robert Menasse, spätestens seit seiner Kampfschrift der Europäische Landbote als Europa-Fan und EU-Kritiker bekannt, schreibt DEN Brüssel-Roman der Stunde. Es beginnt mit einem, durch Brüssel rennenden rosa Hausschwein, einem scheinbar politisch motivierten Mord und dem Umzug eines der letzten Holocaustüberlebneden ins Alters- und Pflegeheim. Was wie ein Thriller anfängt, entpuppt sich als Blick ins Innere der Europa-Hauptsatdt, als Blick hinter die Kulissen von Gremien, Kommissionen und Lobbyisten.
Durch viel Witz und Ironie gelingt es Robert Menasse, ein scheinbar trockenes Thema – EU-Bürokratie – in einen wundervollen, sehr lesbaren und lehrreichen Roman zu verpacken, in dem zwar mancher Charakter seltsam, aber in jedem Fall absolut glaubwürdig erscheint.
Mit diesem Wurf schaffte es der Autor sowohl auf die österreichische, als auch deutsche Longlist für die diesjährigen Buchpreise und verdient hätte er sie!
Mehr Welthaltigkeit war selten!
Aus der Verlagsvorschau:
In Brüssel laufen die Fäden zusammen – und ein Schwein durch die Straßen.
Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europaischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an – die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das fur Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend dämmert in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen. Auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen; »zu den Akten legen« wäre zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller Länder Worte sprechen, die seine letzten sein könnten. In seinem neuen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen. Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen – für das Schwein, das durch die Straßen läuft. Und David de Vriend bekommt ein Begräbnis, das stillschweigend zum Begräbnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham.