Hundekuchen for free!
Juli 2021
Jetzt ist es soweit. Jetzt bin ich schrullig geworden. Von heute auf morgen, von einem Tag auf den anderen.Letzte Woche noch wollte ich meinen Urlaub im Wochenendhaus im Weinviertel verbringen, immerhin hat mein Mann eine neue Veranda gebaut. Doch da sind gerade fremde Männer, decken unser Dach neu, bauen Fenster ein und reißen Decken raus um irgendwelche Treppen einzubauen. Und so habe ich Urlaubspanik bekommen: Wie will ich diese eine Woche Sommerurlaub verbringen? In einem Garten, auf den jeden Tag von sieben bis achtzehn Uhr fremde Männer vom Dach runter schauen? Und dann gibt es ja auch noch diesen Hund, den wir vor acht Jahren in einem Anfall von Wahnsinn zu uns genommen haben und der sich immer mehr zum Problemhund entwickelt hatte. Seiner Meinung nach sollten keine fremden Menschen unsere Wohnung betreten, keine Handwerker unseren Garten. Passanten auf der Straße musste man anbellen, leider nicht nur die Männer von der Müllabfuhr oder PolizistInnen, nein, auch nette KundInnen, die sich ein wenig mit mir unterhalten wollten oder Freundinnen mit harmlosen Fragen nach meinem Befinden. KellnerInnen in Restaurants, die es gewagt hatten, an meinen Tisch zu treten, Menschen, zu denen wir den Hund mitgenommen hatten, und die auf die Idee gekommen waren, in ihrer eigenen Wohnung, die Toilette aufzusuchen.
Ja, ich gestehe, es ist eine Hündin, sie heißt Yoko und ist eine wirkliche Zicke. Mag keine Menschen, hat Angst vor vielen Dingen, empfindet JoggerInnen und RadfahrerInnen als echte Gefahr und ich hatte mich damit abgefunden, dass ich einen tiefbegabten Hund habe, dafür ist das kleine Kind verbrieft hochbegabt. Besser so als umgekehrt. Doch dann – ein letzter Versuch: Eine Hundetrainerin. Einzelstunden. Analyse, Beratung und Durchziehen. Nach nur fünf „Therapie-Stunden“ spazieren wir lässig an Müllmännern vorbei, grüßen die Parksheriffs im Bezirk aus der Nähe und können auch vor der Buchhandlung stehen, um uns mit netten Menschen unterhalten. (Nur das mit dem Briefträger morgens an unserer Wohnungstür, das üben wir noch). Den Namen der Hundetrainerin verrate ich auf Anfrage, aber jedenfalls ist sie schuld, dass ich in einem Hotel in Ramsau am Dachstein einen Urlaub buche. Und ja, es war ein Hundehotel. Auf dem Zimmer gab es Körbchen und Futterschüssel, Hundehandtücher und zum Einzug bekam man eine Rolle Gacki-Sacki überreicht. Alle gaben sich betont hundefreundlich, tätscheln Hundeköpfe, fragten ständig, ob sie Wasserschüsseln bringen sollten und der selbstgebackene Hundekuchen war zur freien Entnahme. Es war wie ein Wunder, aber alles ging gut. Frühstück, Abendessen, Kaffeetrinken mit Apfelstrudel und Aperol-Spritz in der Lobby und niemand wurde angebellt. Als einzige alleinstehende (mein Mann hat es nicht so mit den Bergen) hatte ich den schlechtesten Tisch im Restaurant, den in der Mitte, den, an dem ständig alle vorbei müssen, um an ihre Tische zu kommen. Und alle, wirklich alle, hatten einen Hund. Yoko lag unter dem Tisch und ließ sich weder von der Kellnerin, die in regelmäßigen Abständen ziemlich nahe an meinen Tisch trat, noch von den anderen Hunden, die uns umzingelten, aus der Ruhe bringen. Kleine, große, ruhige und aufgedrehte hingen mit ihren Leinen an Tischbeinen fest und es erinnerte ein wenig an die Challenge im Kindergarten: Wer hat das bravste, wohlerzogenste Exemplar? Und ich kann nur eines sagen: Yoko schnitt ziemlich gut ab. Ignorierte den aufgedrehten Australian Sheperd links von uns, hatte für den flirtwilligen Retriever nicht mal einen Blick übrig und auch der Feind, der mir ein zweites Glas Wein servierte, brachte sie nicht einmal dazu, den Kopf zu heben. Ich hatte Muskelkater vom ständigen Wandern, der Hund schlief in der Nacht tief und fest und der Hundetrainerin hab ich schon begeistert, das ein oder andere Fotos geschickt. Und vor dem Gang zum Abendessen dachte ich an die sie, die mir am Anfang sagte: achtzig Prozent des Problems sind in deinem Kopf. Danke dafür! Mein Kopf ist entspannt, wir können das!