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Der nackte Kaiser

März 2018

Bei der Premiere von Robert Palfrader erstem Soloprogramm war ich nicht in Wien, sondern in Kambodscha, also ganz weit weg. Das zu verpassen hat mir sehr leid getan, erstens weil ich gerne auf Premieren gehe, zweitens weil ich gerne überall dabei bin und drittens, weil ich ihn mag, den Herrn Palfrader.

Ein paar Wochen später gab es dann Karten und ich freute mich auf einen Abend im Rabenhof. Zumindest am Vormittag. In der Mittagspause hatte ich dann ein bisschen Zeit, die Berichte über die Premiere zu lesen und bekam Angst. Geschwätzig. Matt. Durchwursteln, das waren noch die nettesten Ausdrücke, die den Kritikern einfielen. Ich hatte richtig Schiss. Nicht vor einem Abend mit schlechtem Kabarett, mein Gott, was hab´ ich mich schon im Theater gelangweilt, alles geht einmal vorüber. Nein, vor dem weißen Spritzer danach. Mit Robert Palfrader an der Bar vom Rabenhof und ich muss ihm in die Augen schauen und ihm sagen: „Na ja, eh nett, interessant, lustig.“

Und dann saß ich inmitten der Fans im ausverkauften Theater und war recht aufgeregt, als ich ihn da so allein auf der Bühne stehen sah. Ich meine, ich weiß schon, dass er nicht groß ist, aber er wirkte wirklich sehr klein an diesem Abend. Und allein. Und so heißt auch sein Programm und er steht da nackt (also nicht wirklich) und ganz allein.

Und nach einer Viertelstunde konnte ich mich entspannen, denn: Ich fand es gut! Ich fand es sehr sehr böse, sehr sehr lustig und sehr sehr politisch. Also eigentlich genauso, wie ein gutes Kabarettprogramm zu sein hat. Natürlich ist das keine intellektuelle Hirn-Onanie, wie bei Thomas Maurer oder Gunkel. Das kann es auch gar nicht sein, denn da vorne steht Robert Palfrader. Und macht ein sehr intelligentes, kluges Kabarett, eben im Palfrader-Style. Das ist manchmal derb,  hemdsärmelig und plakativ. Aber seien wir doch ehrlich, das erwarten wir von ihm und er erfüllt es auf ganzer Linie. Ein Feuerwerk an „Wuchteln“, und ich meine dieses Wort definitiv nicht negativ.

Es geht um Politik, Rassismus, Toleranz und ganz viel um Religion. Und zwar um jegliche Religion, jeder bekommt sein Fett ab, Jesus, der Heilige Geist und Mohammed – Palfrader gehen sie alle auf den Geist und das erzählt er uns zwei Stunden lang.

Es ist keine Sekunde langweilig, niemals peinlich, nur manchmal muss man sich fremdschämen, weil sich der einsame Mann da vorne auf der großen Bühne vor uns allen ganz schön auszieht. Er erntet Szenenapplaus und Lacher, und das ist umso bemerkenswerter, als da durchaus Leute sitzen, die das, was er da vorne zum Besten gibt, nicht unbedingt genauso sehen wie er. Denn Palfrader ist ein ganz besonderes Phänomen: Er ist durch sein Image als „Kaiser von Österreich“ eine Berühmtheit, die weit über die linksintellektuelle Blase bekannt ist und es sind auch viele Leute im Publikum, denen man ansieht, dass sie das erste Mal im Rabenhof sind, dass sie nicht zur „Szene“ gehören und dass sie das, was da vorne geboten wird, politisch nicht unbedingt unterstützen. Es sind auch sicher viele dabei, die bei den letzten Wahlen, die Unaussprechlichen gewählt haben, die aber in den Rabenhof gekommen sind, um „ihren Kaiser“ zu sehen.

Ich bewundere ihn sehr, seinen Mut, dass er sich das traut, seinen Mut anzuecken, seinen Mut, vielleicht sogar ein paar Fans zu verlieren. Ich wünsche ihm den Erfolg und die Kraft, dieses Programm in jedem österreichischen Heustadl zu spielen. Die Eier dazu hat er. Also: schaut´s euch das an!