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Barbie meets Jane

von Barbara Kadletz

Man hat es nicht leicht als Jane Austen Leser*in. Outet man sich, erntet man zumeist einen mitleidvoll-ironischen Blick, Genre: „Ach, wie herzig, Jane Austen! So was liest du, ernsthaft?“

Einspruch ist zwecklos, denn was mit „so was“ gemeint ist, ist klar, auch unausgesprochen.

Jane Austen ist gleichbedeutend mit sentimentalem Kitsch, von dem man tunlichst die Finger lassen sollte, will man sich einem Hang zu historischen Schundromanen unverdächtig machen.

Nun, was bleibt, ist die Genugtuung, das Gegenüber einfach charmant anzulächeln und sich zu denken: „Du armer Mensch hast in deiner Borniertheit keine Ahnung, was du an pointiertem, feingeschliffenem literarischen Können verpasst.“

Aber von Anfang an.

Weil: Eigentlich ist ja an allem die Haselmaus schuld. Denn das – nebenbei erwähnt – heurige Wildtier des Jahres war es, das meine beste Freundin, Biologin von Beruf und für den Haselmausschutz in Österreich in einem eigenen Projekt tätig, nach Großbritannien zur offiziellen jährlich stattfindenden Dormouse Conference verschlug.

Die Dormouse erfreut sich in England großer Popularität, und – ich darf hier wieder einen Hinweis zum eigentlichen Thema dieses Textes geben – fand sogar einen Gastauftritt in einem von Jane Austens Romanen, in dem die Heldin eine Haselmaus als Haustier hat.

Auf besagter Konferenz war nun ein Biologe, der sich just in der Kirche trauen ließ, in der auch Jane Austen vor 200 Jahren sonntags des Öfteren zugegen gewesen sein soll und deren Haus nur 500 Meter von dieser Kirche entfernt steht. Kurz gesagt, meine Freundin war gehookt, und uns war klar, da müssen wir hin. Nun gibt es ja nicht nur dieses Haus und diese Kirche in Alton, sondern angeblich auch ein jährliches Jane Austen Festival in Bath. Für mich immer eine Art Mythos, von dem man schon einmal gehört hat, zu dem man dann aber doch nie fährt, weil es ja nur eine vage Legende ist. Nun aber waren wir plötzlich persönlich eingeladen, von jemandem, der den Mythos zu etwas sehr Realem machte.

September 2016, pünktlich zum Jane Austen Festival, war es also so weit, wir waren on the road. Erste Station: London. Aber wer will nach London, wenn er oder sie auch in Alton sein kann?

Und deswegen: An der Themse kurz in die Septembersonne schauen und dann von der Waterloo Station ab in den Südwesten.

Denn dort steht das legendäre „Chawton House“, in dem Jane Austen ihre produktivste Schaffensphase hatte und die Romane Anne Elliot, Vernunft und Gefühl, Stolz und Vorurteil und Mansfield Park geschrieben hat.

Alton ist ein charmanter kleiner Ort mit sympathischem Pub und gleich mehreren Buchhandlungen. Nach einem Spaziergang am Jane Austen Trail landet man schließlich im Chawton House.

Dort begrüßt einen, wenn man Glück hat, ein Nachfahre der Austen-Familie persönlich und führt einen durch das Haus seiner berühmten Verwandten. Plötzlich blickt man von Jane Austens Schreibtisch aus direkt in den liebevoll gepflegten Garten und sieht die Welt aus ihrer Perspektive.

Ein schöner Moment, der noch durch den Besuch der Chawton Library abgerundet wird.

Wir waren bezaubert – und schon wieder unterwegs, diesmal Richtung Winchester, denn in der berühmten Kathedrale ist Jane Austens Grabstätte zu besichtigen.