Lesen ist wundervoll.

Währinger Straße 122, 1180 Wien
+43 1 942 75 89
1180@hartliebs.at

Öffnungszeiten:

  • Mo. – Fr.: 09:30 – 18:30
  • Sa.:            09:00 – 13:00

 

auf dem Foto keine Schlafsäcke…

Jänner 2020

Es war ein paar Tage vor Weihnachten, da entfachte ich eine kleine Facebook-Diskussion, durch das Posten eines Fotos aus dem Bezirksblatt. Mir fehlte im Dezember die Kraft und die Zeit, meinen Ärger näher zu erklären, deswegen liefere ich das jetzt nach.
Auf dem Foto posieren drei Mitglieder der ÖVP-Währing vor der Gruft in der Lacknergasse. Für alle Nicht-Wiener: Die Gruft ist eine Einrichtung der Caritas für obdachlose Menschen. Ihre Arbeit ist in Wien nicht hoch genug einzuschätzen, es ist unglaublich, wie vielen Menschen hier ihr schwieriges Leben ein wenig erleichtert wird, sei es durch ein warmes Essen, eine Dusche oder einen Schlafplatz für kalte Nächte. Die Caritas sammelt auch jedes Jahr Schlafsäcke für Obdachlose, man kann Geld überweisen oder direkt eine Sachspende tätigen. Tolle Aktion und viele Menschen, die im 18. Bezirk wohnen und nicht gerade zu den Ärmsten zählen, unterstützen diese Einrichtung regelmäßig.
So anscheinend auch die ÖVP-Währing. Sehr gut. Sehr wichtig. Was also hab ich an dem Foto auszusetzen? Ich finde es absolut in Ordnung, dass man die Aktion promotet, so etwas hat immer eine Vorbildfunktion, und wie wir alle wissen, macht Helfen glücklich, warum also sollte man es verheimlichen. Das Problem ist nur, dass auf dem Foto keine Schlafsäcke zu sehen sind. Auch keine obdachlosen Menschen. Keine Decken. Kein Schlafplatz in der Gruft. Auf dem Foto sind die drei ProtangonistInnen zu sehen und im Vordergrund fünf große Amazon-Pakete. Da sind wohl die Schlafsäcke drinnen.
Muss ich wirklich erklären, warum ich es problematisch finde, wenn die VertreterInnen einer österreichischen Bezirkspartei Werbung für Amazon machen? Noch dazu ist eine davon sehr aktiv im Währinger Wirtschaftsverein, also selbst eine Gewerbetreibende. Ich bin natürlich nicht so naiv und glaube, dass irgendwann alle aufhören werden, bei Amazon zu kaufen. Ich hoffe zumindest, dass meine FreundInnen keine Bücher bei Amazon kaufen aber natürlich bestellen viele alles Mögliche. Es ist bequem, man braucht nicht aus dem Haus zu gehen und oft ist es sogar noch billiger. Ich gestehe, auch ich hab schon mal etwas bestellt. Ich brauchte innerhalb von zwei Tagen ganz dringend ein Prinzessin Elsa Kostüm für befreundetes Kind und so musste ein Freund von mir eines bei Amazon bestellen, ich habe da nämlich kein Konto.
Aber niemand von ihnen macht offen dafür Werbung, denn inzwischen wissen alle, dass es nicht gut ist, bei Amazon zu bestellen. Dass man die Schlafsäcke nicht einfach ausgepackt, die Kartons entsorgt und dann das Foto gemacht hat, lässt mich irgendwie ratlos zurück. Bilder haben eine Symbolkraft, das wissen die Herrschaften, die in der Politik aktiv sind, doch am besten!
Ich hoffe sehr, dass sie wenigstens ihre Bücher nicht beim Internetriesen bestellen. Dass sie nicht zu uns kommen, kann ich verstehen, aber es gibt auch andere sehr gute Buchhandlungen in der Nähe.