Alles Gute!
2020
Ich liebe meinen Job. Na ja, meistens zumindest, wenn nicht gerade Lockdown ist oder Weihnachtsgeschäft mit Mittelohrentzündung.
Aber das Schöne ist, dass ich so viele Leute kennenlerne und manche davon beeindrucken mich nachhaltig.
So habe ich dieses Jahr einen Falter-Podcast mit Ilse Helbich machen dürfen. Die hochbetagte Dame hatte ein neues Buch herausgebracht und sagte sofort zu, als ich sie für ein halbstündiges Interview anfragte. Ich las mich vorher durch das gesamte Werk und dann fuhr ich mit dem Tontechniker zu ihr nach Hause. In die Stadtwohnung. Wenn man 97 Jahre alt ist, dann muss man nicht ins Falter-Studio kommen.
Nach einem etwas verhaltenen Gesprächseinstieg hatten wir uns bald warm geredet und so schnell konnten wir gar nicht schauen, da war die halbe Stunde um. Mit dem Versprechen auf ein Wiedersehen verabschiedeten wir uns.
Dann kam ein Corona-Frühling und ein Corona-Sommer und ich dachte aus Sicherheitsgründen nicht daran, eine alte Dame zu besuchen. Doch letzte Woche rief sie mich an und ließ mir keine Wahl. Zum Mittagessen ins Waldviertel lud sie mich mit resoluter Stimme ein, Widerspruch zwecklos. Also sagte ich zu.
Das berühmteste Buch von Ilse Helbich ist „Das Haus“. Es ist die Geschichte einer Frau, die sich mit über 60, entgegen aller Vernunft und entgegen dem wohlmeinenden Freundesrat, einen Herzenswunsch erfüllt. Sie kauft sich ein altes Haus im Waldviertel.
In eben diesem Haus durfte ich nun Schinkenfleckerl mit Salat essen, nachher gab´s noch Kaffee und Zwetschkenkompott und eine Führung durch das Anwesen. Wir führten tolle Gespräche und haben viel gelacht.
Heute feiert Ilse Helbich ihren 97sten Geburtstag, zu dem ich ihr auf diesem Weg sehr herzlich gratulieren möchte. Ich freue mich, dass ich sie – wenn auch sehr spät – kennenlernen durfte. Und Ihnen allen kann ich nur raten: Hadern Sie nicht mit dem Schicksal des Älterwerdens, es ist, wie es ist. Und lesen Sie bitte die Bücher von Ilse Helbich, niemand schreibt so hellsichtig übers Altsein.