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»Weil ich Bücher liebe und die meisten Kunden mag«

Interview mit Petra Hartlieb zum Erscheinen von “Ein Winter in Wien”

In München geboren, in Oberösterreich aufgewachsen, in Hamburg gelebt, in Wien, eine Buchhandlung eröffnet … Wo ist Ihr Herz zu Hause?
Petra Hartlieb: Ach, mein Herz ist eigentlich da, wo meine Familie ist und meine Freunde. Also schon in Wien. Aber ein Stück davon ist immer auch in Hamburg, da hab ich manchmal richtig Sehnsucht danach. Und jetzt, mit einem gewissen Abstand, find ich Oberösterreich doch auch wieder schön und merke, es ist so etwas wie Heimat. Als ich mir die Geschichte vom Kindermädchen Marie ausgedacht habe, da stand da plötzlich ganz viel von meiner Oma im Text. Zufall?

Wie sind Sie auf Arthur Schnitzler gestoßen – interessiert man sich als Buchhändlerin in Österreich quasi automatisch für eine der großen Figuren der literarischen Wiener Moderne?
Ich gehe fast jeden Tag bei meinem Hundespaziergang durchs Cottageviertel am Schnitzler-Haus vorbei und dachte mir: Was könnte ich schreiben, dass es für mich auch spannend wird. Dass ich mir nicht nur eine Geschichte ausdenke, sondern auch recherchieren muss, mich mit etwas eingehend beschäftigen muss. Na ja, und dann kam diese Schnitzler-Idee, zumal ich im Burgtheater wirklich viel Schnitzler gesehen habe und wir selbstverständlich alles von ihm im Bücherregal stehen haben.

Gibt es eigentlich ein historisches Vorbild für die Wiener Buchhandlung Antiquariat und Papierhandlung Friedrich Stock?
Ja, irgendwie kann ich nur Buchhandlung. Auch in meinen Krimis gibt es in jedem eine Buchhandlungsszene und im letzten Buch spielt ja die Buchhandlung die Hauptrolle. Und diese Buchhandlung „Friedrich Stock“, die gab es wirklich, die hieß auch so und war genau da, wo unsere Buchhandlung jetzt ist.

Sie sind praktisch jeden Tag bei Facebook aktiv. Gehört die Präsenz in den sozialen Medien heutzutage zwingend dazu, um ein inhabergeführtes Buchgeschäft gegen die Marktmacht von Amazon & Co. im Spiel zu halten?
Ja, natürlich muss man sein Dorf vergrößern, muss auf sich aufmerksam machen. Ich gebe aber zu, dass ich das nur mache, weil es mir Spaß macht, das ist kein reines Marketing. Ich kurble wahrscheinlich nicht den Umsatz an, wenn ich jeden Morgen ein «Gute Morgen»-Bild von meiner Gassi-Runde poste. Aber viele Leute freuen sich darüber und fühlen sich mit mir verbunden. Und ich habe auch schon viele tolle Leute über Facebook kennengelernt. Aber als Marketing-Instrument ist es natürlich unverzichtbar.

Haben Sie jemals an der Richtigkeit Ihrer Entscheidung gezweifelt, «in Zeiten wie diesen» ein Kaufgebot für eine Buchhandlung in Wien abzugeben?
Diese Momente gibt es immer. Im Winter, wenn man vor lauter Arbeit nicht weiß, wie man das überleben soll. Oder im Sommer, wenn man mal wieder nicht weiß, wie man die Gehälter bezahlen soll. Aber nach wie vor ist meine Buchhandlung der Platz, wo ich am liebsten arbeite, wo ich gerne bin, weil ich Bücher liebe und die meisten Kunden mag und unser Team einfach großartig ist.

Von bloßer Doppelbelastung kann bei Ihnen keine Rede sein. Sie führen mit Ihrem Mann Oliver zwei Buchhandlungen, haben zwei Kinder und einen Hund, schreiben Bücher, sind im sozialen Netz aktiv, mischen sich in die Lokalpolitik ebenso ein wie in die große Politik. Wie geht sich das aus? Ein bisschen Schlaf braucht der Mensch ja schon, oder?
Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht alles so bierernst sehe. Schreiben hab ich ja auch so nebenbei angefangen, dass das mal so wichtig wird, konnte ich ja nicht ahnen. Und meine Kinder sind immer zur Selbstständigkeit erzogen worden und kennen es nicht anders. Und ich brauche nicht immer viel Schlaf und ich habe viele tolle Freunde, die mir helfen und… ach… ich weiß auch nicht. Ich muss das jetzt abbrechen, muss noch etwas kochen, mit dem Hund gehen und zwei Seiten schreiben wollte ich heute auch noch…

Wäre eine Fortsetzung von «Ein Winter in Wien» denkbar? Ein größerer Schnitzler-Roman vielleicht?
Fortsetzung ja, aber nicht mit Schnitzler. Meine Hauptfigur ist Marie Haidinger mit ihrem Oskar, und wenn die Geschichte weitergeht, dann steht sie im Zentrum und wer weiß, wo es sie hin verschlägt. Schnitzler war und ist für mich lediglich die Tapete, vor der die Geschichte des Kindermädchens Marie erzählt wird.

 
Ein Winter in Wien
Um 1910. Marie arbeitet als Kindermädchen bei einer angesehenen Familie im Wiener Cottageviertel. Eines Tages wird sie vom Herrn des Hauses zur nahe gelegenen Buchhandlung geschickt, um ein Buch abzuholen. Doch sie kommt mit leeren Händen zurück, völlig durchnässt vom Schnee. Der Band sei noch nicht eingetroffen, Buchhändler Oskar bringe ihn so bald wie möglich persönlich vorbei. Als Oskar am gleichen Nachmittag am Haus in der Sternwartestraße klingelt, hat er gleich zwei Bücher dabei: eines für den Herrn Schnitzler und das andere für Marie, mitsamt einer persönlichen Notiz an das Fräulein. Er möchte sie gerne wiedersehen …
Kindler, 176 S., € 17,50