Thomas Maurer
Kabarettist & Staatskünstler
Ein Käfig voller Bücher
Wohnqualität ist, wenn man die Dinge des täglichen Bedarfs fußläufig erwerben kann.
Überhaupt, seit sich Währing in tapferer Kamikaze-Tradition sehenden Auges gegen das Parkpickerl entschieden hat und nun kein Anrainer, der aufgrund einer bizarren Verkettung von Zufällen tatsächlich einen legalen Parkplatz innehat, verrückt genug ist, diesen durch gedankenloses In-Bewegung-Setzen des Autos unwideruflich zu verlieren.
Und zu den Dingen des täglichen Bedarfs gehört auch eine gediegene Buchhandlung.
Kein Schreibfehler; natürlich gehören auch die Bücher selbst zum täglichen Bedarf, aber die könnte man sich ja heutzutage auch vom Postler bringen lassen. Hingegen kann das Bedürfnis nach einer Buchhandlung nur durch eine Buchhandlung gestillt werden .
Dabei geht es auch nicht nur um Service und Beratung.
Obwohl es immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel ist, wenn etwa die Buchhändlerin, nachdem ihr eine ältere Dame erklärt hat, der Enkel benötige für die Deutsch-Leseliste ein Buch, dessen Namen sie leider vergessen habe, aber es sei rot und handle von Füchsen, sich umdreht, Hesses „Steppenwolf“ aus dem Regal zieht und auch noch Recht hat.
Als Buchhandlungsmensch hat man einfach immer wieder das anlasslose Bedürfnis nach Präsenz vor Ort, so wie ja auch Weinbauern selbst im vegetationsfreien Winter gelegentlich durch ihre Rieden streunen. Man hat das Bedürfnis, ohne Kaufabsicht in blöden Bestsellern, kostspieligen Bildbänden oder exotischen Fachpublikationen zu blättern. Und das Bedürfnis, Bücher empfohlen zu bekommen.
Und zwar nicht, weil irgendwer, der dieses oder jenes gekauft hat, auch jenes oder dieses gekauft hat. Sondern aus angenehm altmodischen Traditionsgründen wie: „Superbuch“ oder „Das ist was für Dich!“.
Ein gutes Motiv, regelmäßig so eine Buchhandlung aufzusuchen, lautet also: Weil sie da ist. Ein anderes, ebenso gutes: Damit sie da bleibt.