Das Buch zum Wochenende #16

Karen Duve | Fräulein Nettes kurzer Sommer – Barbara Kadletz

Lassen Sie uns über das Wetter reden. Ja, soweit ist es schon gekommen, dass wir uns hier beim Buch zum Wochenende über das Wetter unterhalten. Aber im Sommer des Jahres 1816, wo wir dieses Wochenende größtenteils verbringen werden, war die Witterung Thema Nummer eins. Denn besagter Sommer fand nicht statt. Es war grau, es regnete, keine Sonne weit und breit. Schuld daran war der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im Jahr zuvor- aber das wussten weder die junge Annette von Droste-Hülshoff, noch ihre Freunde die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, die Held*innen des neuen Buchs der deutschen Autorin Karen Duve.
Karen Duve? Moment, das ist doch die mit den erbarmungslosen, heftigen, zynischen, kurz: großartigen Büchern über unsere vermurkste Gegenwart? Und die soll ein Buch über einen (naja eigentlich mehrere) Sommer im Leben der Annette Droste-Hülshoff geschrieben haben? Ja, hat sie. Und ein tolles noch dazu
. Akribischst recherchiert, pointiert formuliert, beweist Karen Duve, dass ihr Stil auch bei einem historischen Roman wunderbar funktioniert und man bekommt sofort Lust die Werke der deutschen Romantik (wieder) zu lesen. Neben allem Lesevergnügen ist „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ aber auch eine Einladung in das Werk der Droste-Hülshoff, deren literarisches Schaffen in Duves Roman noch ganz am Anfang steht. Eingesperrt in biedermeierliche Lebenszwänge, die eine adelige junge Frau vor allem zur Sittsamkeit und nicht zum Schriftstellerinnentum ermutigten, setzt sich Droste-Hülshoff mit spitzer Zunge und Esprit gegen den herrschenden Zeitgeist durch und stößt damit nicht nur den allzeit errötenden Wilhelm Grimm vor den Kopf

. Und wie relevant die Autorin Droste-Hülshoff auch heute noch im Schaffen zeitgenössischer Schriftsteller*innen ist, konnte ja auch schon an dem einen oder anderen Wochenende hier nachgelesen werden…

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